Der Österreichische Bergrettungsdienst hat hierzu eine einheitliche Meinung, die auch bei einem kürzlich abgehaltenen Lawinengipfel vertreten wurde. Dieser fand am 26. Februar 2019 im Bundeskanzleramt in Wien statt. Bundesministerin Elisabeth Köstinger und Bundesminister Mario Kunasek zogen eine erste Zwischenbilanz der Ereignisse im Winter und diskutierten gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus betroffenen Sektoren über existierende Problemfelder und Lösungsansätze. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Bereichen wie Bergsport, Bergrettung, Gemeinden und Tourismus tauschten sich u.a. über richtiges Verhalten beim Alpinsport, rechtliche Grundlagen, Schutzinfrastrukturen, Freiwilligenwesen und Bewältigung von Extremsituationen aus.
Grundsätzliches zum Vereinszweck des Österreichischen Bergrettungsdienst:
Mitglieder des Österreichischen Bergrettungsdienst (ÖBRD) folgen dem Zweck des Vereins freiwillig und nicht gewinnorientiert. Aufgabe des ÖBRD ist es allen, ohne Ansehen der Art oder des Verschuldens der Notlage, abseits des öffentlichen Straßennetzes im unwegsamen, insbesondere alpinen Gelände Verunglückten, Vermissten, Erkrankten oder sonst in Not Geratenen zu helfen, sie zu suchen, zu versorgen, zu bergen und abzutransportieren.
Der ÖBRD betont:
- Die Erhebung, Beurteilung und Klärung der Verschuldensfrage ist nicht Aufgabe des ÖBRD.
- Jeder Bergsteiger hat eine Eigenverantwortung für sein Handeln im alpinen Gelände.
- Undurchdachtes bzw gesetzwidriges Handeln von Bergsteigern stellt die Bergrettung vor die Herausforderung schwieriger und risikoreicher Einsätze.
- Die Gewährung der Sicherheit der Bergretterinnen und Bergretter als höchstes Gut für den ÖBRD ist unverrückbar.
Zur aktuellen Diskussion über die Einführung bzw. Erhöhung von Strafen für Fehlverhalten im alpinen Raum, insbesondere in Hinblick auf Fehlverhalten bei hoher Lawinengefahr, bezieht der ÖBRD wie folgt Position:
- Der alpine Raum ist kein rechtsfreier Raum.
- Das gerichtliche Strafrecht bietet schon nach geltender Rechtslage einige Straftatbestände zur Ahndung von Fehlverhalten im alpinen Gelände, auch in Hinblick auf die Missachtung hoher Lawinengefahr (zB § 89 StGB Gefährdung der körperlichen Sicherheit; § 177 StGB- Fahrlässige Gemeingefährdung; sowie Delikte zur vorsätzlichen/fahrlässigen Körperverletzung oder Tötung)
- Die Gesetzeslage bietet die Möglichkeit, Verletzungen/Tötung von Bergrettern dem Verursacher strafrechtlich zuzurechnen – dies ist Sache der Rechtsprechung.
- Der ÖBRD spricht sich gegen eine Änderung oder Ausweitung des gerichtlichen Strafrechts im Hinblick auf Bergsport aus. Die Schaffung eines Partikularstrafrechts für den alpinen Raum ist nicht sinnvoll und würde den Alpinsport– auch im Verhältnis zu anderen Sportarten – gleichheitswidrig überkriminalisieren.
- Ein Problemfeld stellt das Missachten von Pistensperren dar – das Befahren von gesperrten Pisten sorgt regelmäßig für Unfälle und Einsätze der Bergrettung.
- Aus Präventionsgründen ist anzudenken, Verwaltungsstrafen für das Missachten von Pistensperren einzuführen.
- Verwaltungsstrafen für das Befahren des freien Skigeländes bei hoher Lawinengefahr sind jedoch abzulehnen – hier kommt die Eigenverantwortung des Bergsportlers zum Tragen. Wenn es zu Gefährdungen bzw. Verletzungen / Tötungen kommt, ist das gerichtliche Strafrecht anzuwenden.
Bundesverband der Österreichischen Bergrettung, im Februar 2019